Bezahlte Frühstückspausen: Tarifvertrag schließt Betriebsvereinbarung aus

Das Bundesarbeitsgericht (BAG) stellt klar, dass eine über Jahre hinweg gewährte bezahlte Frühstückspause nicht durch eine Betriebsvereinbarung abgeschafft werden darf. Denn, was durch einen Tarifvertrag geregelt ist, kann selbst mit Zustimmung des Betriebsrats in der Regel nicht verändert werden (BAG Urteil vom 20. Mai 2025, Aktenzeichen 1 AZR 120/24). 

Der Fall

Das BAG hatte sich mit der Frage zu befassen, ob eine über Jahre hinweg gewährte, bezahlte Frühstückspause in einem tarifgebundenen Betrieb des öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) durch eine Betriebsvereinbarung abgeschafft werden darf. Der Kläger, ein seit 2004 beschäftigter Werkstattmeister, konnte sich lange Zeit auf eine 15-minütige vergütete Pause am Vormittag verlassen. Im Jahr 2018 schlossen Arbeitgeber und Betriebsrat eine Betriebsvereinbarung, nach der diese Praxis mit sofortiger Wirkung eingestellt werden sollte. Der Arbeitnehmer hielt dies für unzulässig und verlangte eine Gutschrift der entfallenen Pausenzeiten. Nachdem die Vorinstanzen seine Klage abgewiesen hatten, hatte die Revision zum BAG Erfolg.

Die Entscheidung

Das Gericht entschied, dass die Betriebsvereinbarung unwirksam sei. Maßgeblich sei die gesetzliche Regelungssperre des § 77 Absatz 3 Satz 1 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG). Danach dürfen Arbeitsentgelte und sonstige Arbeitsbedingungen nicht durch Betriebsvereinbarung geregelt werden, soweit sie bereits Gegenstand eines Tarifvertrags sind. Der einschlägige Tarifvertrag enthalte bereits Bestimmungen zu Arbeitsversäumnissen und bezahlten Ausnahmen. Damit sei das Regelungsgebiet, zu dem auch eine bezahlte Frühstückspause gehöre, tariflich abschließend geregelt. Eine ergänzende oder abweichende Regelung durch Betriebsvereinbarung sei daher ausgeschlossen. Laut Gericht greife die Sperrwirkung bereits dann, wenn sich die Regelungsbereiche überschneiden – unabhängig davon, ob ein konkreter Widerspruch zum Tarifvertrag vorliegt. Ziel dieser Regelung sei der Schutz der Tarifautonomie nach Artikel 9 Absatz 3 Grundgesetz. 

Zudem verneinte das BAG ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats. Die Abschaffung der bezahlten Frühstückspause betreffe weder Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit oder die Lage der Pausen im Sinne des § 87 Absatz 1 Nummer 2 BetrVG, da es sich nicht um unbezahlte Ruhepausen handelte, noch liege eine Änderung der Arbeitszeitdauer oder der betrieblichen Entlohnungsgrundsätze nach § 87 Absatz 1 Nummer 3 und 10 BetrVG vor. Die bezahlte Freistellung während der Arbeitszeit stelle keine eigenständige, vermögenswerte Gegenleistung dar, sondern lediglich eine kurzfristige Arbeitsbefreiung

Das Fazit

Das Urteil bestätigt, dass tarifvertragliche Regelungen Vorrang vor betrieblichen Vereinbarungen haben. Dadurch bleibt die Gestaltungsmacht der Gewerkschaften erhalten, da wesentliche Arbeitsbedingungen nicht auf betrieblicher Ebene verwässert oder umgangen werden können. Im Gegenzug ist die betriebliche Flexibilität eingeschränkt und die Möglichkeit zugunsten der Beschäftigten lokale Verbesserungen zu vereinbaren.

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