TdL und Hessen
Freistellung des Betriebsrats von Rechtsanwaltskosten
Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat entschieden, dass die Übernahme der Kosten für einen vom Betriebsrat beauftragten Rechtsanwalt auch dann verlangt werden kann, wenn dieser der Beauftragung des Rechtsanwalts durch einen später ordnungsgemäß gefassten Beschluss nachträglich zustimmt (BAG vom 25. September 2024, Aktenzeichen 37/23).
Der Fall
Die Arbeitgeberin stellte ohne Beteiligung des Betriebsrats eine Arbeitnehmerin ein. Der Betriebsrat beschloss, die Aufhebung der Einstellung zu verlangen und dazu eine Rechtsanwaltskanzlei zu beauftragen. Der Betriebsrat wollte damit ein Zwangsgeld festsetzen lassen, weil die Arbeitgeberin die personelle Maßnahme trotz Widerspruch des Betriebsrats durchgeführt hat. Nach erfolgloser anwaltlicher Aufforderung zur Aufhebung der Einstellung leitete die Rechtsanwaltskanzlei für den Betriebsrat das Verfahren nach § 101 BetrVG ein. Dieses Verfahren wurde wegen der zwischenzeitlichen Kündigung der Arbeitnehmerin allerdings für erledigt erklärt. Die Rechtsanwaltskanzlei stellte der Arbeitgeberin die gesetzlichen Gebühren in Rechnung. Die Parteien stritten nunmehr um die Freistellung des Betriebsrats von den entstandenen Rechtsanwaltskosten. Nachdem die Arbeitgeberin nicht zahlte, beschloss der Betriebsrat die Einleitung des vorliegenden Verfahrens und bestätigte den ersten Beschluss hinsichtlich der Beauftragung. In einer weiteren Sitzung beschloss der Betriebsrat, alle Tätigkeiten der Rechtsanwaltskanzlei im Verfahren nach § 101 BetrVG zu genehmigen. Die Arbeitgeberin bestritt die Wirksamkeit dieser nachträglichen Beschlüsse.
Die Entscheidung
Die Rechtsbeschwerde der Arbeitgeberin blieb erfolglos. Das BAG entschied, dass die Arbeitgeberin die Kosten der anwaltlichen Vertretung im Beschlussverfahren übernehmen muss. Die Beauftragung des Rechtsanwalts war erforderlich und die Beschlüsse des Betriebsrats, auch wenn sie zunächst unwirksam waren, durch spätere ordnungsgemäße Beschlüsse geheilt. Zur Einleitung eines Beschlussverfahrens und zur Beauftragung eines Rechtsanwalts ist zwar ein ordnungsgemäßer Beschluss des Betriebsrats erforderlich. Liege ein solcher nicht vor, sei der Betriebsrat nicht ordnungsgemäß vertreten, seine Anträge seien als unzulässig abzuweisen und den Arbeitgeber treffe keine Kostentragungspflicht nach § 40 Abs. 1 BetrVG. Der erste Beschluss des Betriebsrats sei unter Verstoß gegen die Reihenfolge der Ladungen der Ersatzmitglieder gemäß § 25 Abs. 2 BetrVG zustande gekommen. Jedoch sei dieser Beschluss rückwirkend durch einen wirksamen Beschluss genehmigt worden. Es sei unerheblich, dass das Beschlussverfahren zum Genehmigungszeitpunkt bereits abgeschlossen war. Die Entscheidung bestätigt, dass eine nachträgliche Genehmigung von Beschlüssen grundsätzlich möglich ist. Der Betriebsrat kann erneut über die Angelegenheit beschließen. Der im Rahmen einer erneuten Befassung getroffene Beschluss wirkt grundsätzlich nicht auf den Zeitpunkt der erstmaligen und wegen des Verfahrensfehlers unwirksamen Beschlussfassung zurück, sondern schafft erst für die Zukunft eine Rechtsgrundlage für die Handlungen und Erklärungen des Betriebsrats zu diese Beschlussgegenstand.
Das Fazit
Mit dem Beschluss vom September 2024 stärkt das BAG die Rechte des Betriebsrats durch die Ablehnung einer zeitlichen Grenze für die rückwirkende Heilungsmöglichkeit eines unwirksamen Beschlusses. Die Entscheidung betont aber auch die Bedeutung der Einhaltung der Reihenfolge beim Nachrücken von Ersatzmitgliedern gemäß § 25 Abs. 2 BetrVG. Die Vorschrift dient der demokratischen Legitimierung der Belegschaft durch den Betriebsrat und ferner dem Minderheitenschutz. Ihre Verletzung stellt einen erheblichen Mangel dar und führt zur Unwirksamkeit des Beschlusses. Als Ergebnis ist festzuhalten, dass zwar eine rückwirkende Heilungsmöglichkeit bestehen kann, die ordnungsgemäße Beschlussfassung des Betriebsrats aber ein wichtigstes Instrument bleibt. Vorsicht: Auf eine nachträgliche Heilung sollte man sich nicht immer verlassen.


