BDZ Deutsche Zoll- und FinanzgewerkschaftVaterschaftsurlaub – Anspruch aus Europarecht?
Die Frage, ob Vätern aus dem Europarecht ein Anspruch auf zehn Tage vergüteten Vaterschaftsurlaub anlässlich der Geburt ihres Kindes zusteht, ist bislang noch nicht abschließend gerichtlich geklärt. Das Verwaltungsgericht Köln hat in einer noch nicht rechtskräftigen Entscheidung einen entsprechenden Anspruch bejaht. Der BDZ rät den betroffenen Beamten, Ansprüche auf Vaterschaftsurlaub bzw. Schadensersatz zeitnah geltend zu machen.
Derzeit besteht auf nationaler Ebene kein gesetzlicher Anspruch auf Vaterschaftsurlaub. Das Familienstartzeitgesetz, mit dem Partnern nach der Geburt eines Kindes eine bis zu zweiwöchige bezahlte Freistellung ermöglicht werden sollte, gelangte in der Zeit der Ampel-Koalition nicht zur Finalisierung. Der Koalitionsvertrag enthält keine Aussagen zum Vaterschaftsurlaub. Die Frage, ob sich mangels nationaler Regelung ein Anspruch auf Vaterschaftsurlaub bzw. entsprechende Schadensersatzansprüche europarechtlich aus der „Vereinbarkeitsrichtlinie“ herleiten lassen, ist umstritten.
2019 wurde die europäische „Vereinbarkeitsrichtlinie“ erlassen, nach der die Einführung eines Vaterschaftsurlaubs von 10 Tagen nach der Geburt in den Mitgliedsstaaten vorgesehen ist. Umsetzungsfrist dieser Richtlinie für die Mitgliedsstaaten war der 2. August 2022. Die Umsetzungspflicht besteht allerdings ausnahmsweise nicht, wenn ein Mitgliedsstaat gemäß der Richtlinie von der Einführung „befreit“ ist. Das Bundesfamilienministerium vertritt die Auffassung, dass in Deutschland aufgrund der auch für Väter bestehenden Elternzeit- und Elterngeldregelungen eine solche Ausnahme vorliegt. Folglich bestehe kein Bedarf für die Einführung eines Vaterschaftsurlaubes.
Das Verwaltungsgericht Köln kam in einem Urteil zu dem Ergebnis, dass Beamten ein Anspruch auf vergüteten Vaterschaftsurlaub unmittelbar aus der Richtlinie zusteht, da Deutschland seiner Verpflichtung, die Vereinbarkeitsrichtlinie bis zum 2. August 2022 umzusetzen, nicht nachgekommen sei. Insbesondere könne sich die Bundesrepublik Deutschland hinsichtlich der Umsetzung der Vereinbarkeitsrichtlinie nicht auf die nationalen Regelungen zu Elternzeit und Elterngeld berufen. Gegen die Entscheidung wurde Berufung eingelegt, über die das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen in Münster entscheiden wird.
Wegen des Grundsatzes der haushaltsnahen Geltendmachung ist vorab festzustellen, dass für diejenigen Beamtinnen und Beamten, die in den Haushaltsjahren 2022, 2023 und 2024 keinerlei Antrag auf Freistellung bzw. Erholungsurlaub aufgrund der Geburt ihres Kindes gestellt haben bzw. auch nicht gerügt haben, dass keine Freistellung seitens des Dienstherrn erfolgt, keine bzw. nur sehr geringe Erfolgsaussichten bei einer rückwirkenden Geltendmachung gesehen werden.
Denjenigen Beamtinnen und Beamten, denen in den Haushaltsjahren 2022, 2023 und 2024 eine Freistellung oder Erholungsurlaub aufgrund der Geburt ihres Kindes bewilligt worden ist bzw. die gerügt haben, dass keine Freistellung seitens des Dienstherrn erfolgt, empfehlen wir, bei ihrer zuständigen Personalstelle geltend zu machen, dass ihnen die Freistellung bzw. der Erholungsurlaub bis zu 10 Tagen rückwirkend gutschrieben wird (Umdeutung).
Wichtig: Bei Geburten in dem Zeitraum vom 03. August 2022 bis zum 31. Dezember 2022 müssten bis zum 31. Dezember 2025 verjährungshemmende Maßnahmen durch Widerspruch, Klage oder Einholung einer Bestätigung des Verjährungsverzichts ergriffen werden.
Werdenden Vätern bzw. gleichgestellten zweiten Elternteilen empfehlen wir, für die Zeit ab der Geburt einen Antrag auf Bewilligung der 10-tägigen Freistellung zu stellen; hilfsweise sollte Erholungsurlaub beantragt werden. Gegen die Ablehnung des Vaterschaftsurlaubs sollte Widerspruch eingelegt werden mit der Bitte, bis zu einer obergerichtlichen Entscheidung das Widerspruchsverfahren ruhen zu lassen, auf die Einrede der Verjährung zu verzichten und dies entsprechend schriftlich zu bestätigen.
Der BDZ-Bundesvorsitzende Thomas Liebel bekräftigte, dass sich BDZ und dbb unabhängig von dem aktuellen Verfahren weiterhin für eine gesetzliche Regelung auf nationaler Ebene einsetzen: „Der Anspruch auf zehn Tage Vaterschaftsurlaub muss schnell und rechtssicher durch eine entsprechende Anpassung der Sonderurlaubsverordnung umgesetzt werden.“

